Was ist UX Design: Definition, Vorteile und Unterschiede zu UI Design
Gutes UX Design reduziert Kosten und bindet die Nutzer:innen an das Unternehmen. Warum das so ist und was der Unterschied zwischen UX und UI Design ist, klären wir hier.
Der Begriff „UX Design“ kursiert seit drei Jahrzehnten in der IT-Welt. Er schlug seine Wurzeln in den 90er Jahren, wenig überraschend hinter den Mauern eines Tech-Giganten. Don Norman, Wissenschaftler bei Apple, rief die Bezeichnung ins Leben. Auch wenn der Begriff seither bekannt ist, hinterlässt er immer noch Fragezeichen in den Köpfen vieler Menschen. Was ist UX Design? Wie unterscheidet es sich zum UI Design? Welche Methoden stecken dahinter?
In einer Studie gaben 72 % der Befragten an, den Begriff UX Design zu kennen. Doch als sie ihn definierten, verwechselten sie UX Design mit UI Design oder beschrieben die Bedeutung nur oberflächlich. Daher bringen wir Licht ins Dunkle und klären hier die wichtigsten Fragen rundum UX Design.
Interessant zu wissen: Don Norman hat den Begriff UX Design in den 90er Jahren zwar eingeführt, seine Anfänge machte UX Design aber bereits in den 40er Jahren. Ingenieure wollten Maschinen für Menschen intuitiver entwickeln, um die Fehleranfälligkeit in der Produktion zu reduzieren.
Definition: Was ist UX Design?
User Experience Design (=UX Design) beschreibt die Nutzererfahrung in der Interaktion mit einer Software oder einem Produkt. Dabei bezieht es sämtliche Aspekte mit ein: Erwartungen, Erfahrungen, Wahrnehmung, Bedürfnisse und Emotionen.
UX Designer verfolgen das Ziel, das Erlebnis für die Nutzer so angenehm und effizient wie möglich zu gestalten. Dafür analysieren sie ihre Bedürfnisse und optimieren mit dem Team die Nutzungserfahrung.
Sie arbeiten mit wissenschaftlichen Methoden, führen Tests durch, befragen Anwendende und messen Daten wie die Zeit für die Erledigung einer Aufgabe. So bekommen sie ein genaues Bild davon, wie der Anwendende vorgeht und identifizieren Stolpersteine in der Interaktion mit dem Produkt. Auf Grundlage der Ergebnisse passt das Entwicklungsteam die Software an.
Auch den Kontext beziehen UX Designer mit ein: Erfahrungen mit anderen Systemen, digitale Affinität sowie Umstände während der Nutzung. Darunter fallen die Bedingungen am Arbeitsplatz wie laut, leise, organisiert, durcheinander, extrem hell, total dunkel, großer oder kleiner Bildschirm, ständige Unterbrechungen oder voller Fokus möglich.
Neben der Softwareentwicklung verbessert UX Design auch in anderen Produktentwicklungssektoren das Kundenerlebnis. So zum Beispiel auch im Webdesign oder in der Automobilbranche.
Beispiel für UX Design: Kontextabhängigkeit
1. Beispiel: App für öffentliche Verkehrsmittel
Stell dir vor, du entwickelst eine App für öffentliche Verkehrsmittel. Wer ist die Zielgruppe? Wann nutzen sie die Software und was brauchen Sie dafür?
Nehmen wir an, dass Reisende in der Regel wenig Zeit haben, um nach einer passenden Verbindung zu suchen. Sie laufen gerade durch einen hektischen Bahnhof oder sind unterwegs zu einem Meeting. Mit wenigen Klicks müssen sie den richtigen Anschluss finden. Dafür brauchen sie möglichst große Buttons, um auch beim Laufen die Anwendungen bedienen zu können.
Aus Zeitgründen erwarten sie mit wenigen Angaben eine zufriedenstellende Antwort. Auch braucht es eine intuitive Anwendung und einfache Sprache, da die Zielgruppe weit gefächert ist, was Bildung oder digitale Vorkenntnisse betrifft. Einfache Anwendung und Sprache sind Aspekte von barrierefreier Software, die allen Menschen den Zugang ermöglichen.
2. Beispiel: Analyse-Programm für Finanzberatung
Anders ist es bei einem Analyse-Tool für Finanzberater:innen. Die Anwendenden sitzen im Büro, statt in einer überfüllten Bahn. Sie arbeiten mit großen Datensätzen, um Liquidität oder Risiken zu berechnen.
Daher braucht es ein umfangreiches System mit gut lesbaren Schriften und große Tabellen, um möglichst viele Zahlen auf einmal überblicken zu können.
Die Berater:innen bringen Fachwissen mit und müssen effizient arbeiten. Das System darf ruhig komplexer sein, mit Unterseiten und Verknüpfungen, um umfassenden Analysen zu ermöglichen. Dennoch sollte die Software die Anwendenden schnell ans Ziel bringen.
Weitere Bespiele für wichtige Fragen in dem Kontext: Sind die Buttons verständlich beschriftet? Ist es gewollt, dass die Software bestimmte Personen über meine Aktivitäten informiert?
Die beiden Beispiele zeigen, wie unterschiedliche die Bedürfnisse der Nutzer:innen sein können. Um weiter herauszufinden, was die Anwendenden brauchen, bedarf es einer UX Research, d.h einer intensiven Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen, Pain Points der Zielgruppe sowie dem Nutzungskontext.
UX Design & UI Design: Was ist der Unterschied?
User Interface Design (UI Design) ist ein fester Bestandteil von UX Design. Es bezieht sich auf die Gestaltung der Benutzeroberfläche. Beim UI-Design steht die visuelle Gestaltung im Fokus, während es beim UX Design um das Gesamterlebnis und die Prozessoptimierung geht. Im Konkreten schauen sich UI Designer visuelle Touchpoints an: Schriften, Farben, Icons, Buttons, Abstände.
UX Design | UI Design |
---|---|
User Experience | User Interface |
Usability Tests | Visuelles Design |
User Stories | Layout |
Nutzerbefragung | Farben |
Navigation | Typographie |
Personas |
Das Ziel ist es, das Design anwenderfreundlich und intuitiv zu gestalten. Die UI Designer begeistern die Anwendenden mit Ästhetik. Dabei ist der visuelle Part, das UI Design, ein wichtiger Bestandteil.
So machen sich UX Designer zahlreiche Prinzipien der menschlichen Wahrnehmung zunutze. Ein Beispiel dafür ist der "Aesthetic-Usability Effect". Dieser besagt, dass User ein ästhetisch attraktives Produkt als nutzbarer empfinden.
Die Vorteile von UX Design
Die Gründe für den Einsatz von UX Design sind zahlreich. Research Methoden kristallisieren klare Anforderungen der Zielgruppe an die Anwendung heraus. Das Entwicklungs-Team kann mit UX Design besser verstehen, was die Anwendenden wirklich brauchen.
So können sie von Anfang an die beste Lösung bauen und Entwicklungskosten für weitere Änderungsschleifen stark reduzieren.
UX Designer haben die Möglichkeit, anhand von Klickdummies Nutzerbefragungen durchzuführen. So können sie Stolperstellen noch vor der Programmierung aufdecken und in weiteren Iterationsstufen mit den Entwicklern optimieren.
Mit UX Design sparst du langfristig Zeit und Kosten, sorgst für eine höhere Qualität der Software und kannst Umsätze steigern.
Die wichtigsten Gründe für gutes UX Design:
- Besseres Verständnis für Anwendenden durch Identifizierung der Bedürfnisse
- Frühzeitiges Erkennen von Stolpersteinen in der Anwendung
- Reduzierung der Entwicklungskosten
- Höhere Nutzerakzeptanz durch höhere Zufriedenheit
- Qualitätssteigerung der Software
- Optimierung von Prozessen
- Bessere Produktplatzierung durch Konkurrenzanalyse und Definition des USPs
- Engere Endverbraucherbindung
Mehr dazu, wie du von UX Design profitierst und warum es in der Softwareentwicklung unerlässlich ist, erfährst du in einem gesonderten Beitrag.
Methoden & empirische Grundlagen von UX
Im UX Design gibt es einen riesigen Methodenkoffer. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, stellen wir hier eine Auswahl unserer wichtigsten Tools und die gängigsten Theorien vor:
Analysemethoden
1. Geführtes Interviews
In Interviews können UX Designer ihre Kenntnisse über die Zielgruppe vertiefen. Sie nutzen Fragetechniken, um herauszufinden, was den Anwendenden wirklich wichtig ist. Sie hinterfragen und können auch mal in die Tiefe gehen.
2. Card Sorting
Auch weitere Tools wie das Card Sorting eignen sich für ein geführtes Interview. Beim Card Sorting bringen die User Obergriffe in eine Reihenfolge, während die UX Designer sie mit Fragen anleiten. Anhand der Sortierung lässt sich beispielsweise die Anordnung von Navigationspunkten spezifizieren.
3. Experten-Evaluationen
Eine weitere Herangehensweise beim UX Design ist es Experten zu befragen. Sie können die Software testen und anhand eines Fragebogens bewerten.
4. Usability Tests
Bei Usability Test stellen UX Designer an Anwender:innen prototypische Aufgaben, die sie mit der Software bearbeiten. Die Usability lässt sich dabei quantitativ messen. Die drei Usability-Kriterien sind Effizienz (wie schnell kann ich mein Ziel mit der Anwendung erreichen?), Effektivität (kann ich mein Ziel mit der Anwendung erreichen?) und Zufriedenheit (wie zufrieden bin ich mit der Gesamtinteraktion?).
Für jedes der Kriterien gibt es Metriken, um die Usability zu messen, wie z. B. für die Effizienz: Time to task - Wie lange brauchen die User, um die Aufgabe zu erledigen?
Indem wir die Zielgruppen beobachten, befragen und uns in sie hineinversetzen, entwickeln wir Softwarelösungen, die ihre tatsächlichen Bedürfnisse und Erwartungen erfüllen.
Theorien der Wahrnehmungspsychologie
Wie zufrieden Nutzer mit einer Software sind, hängt maßgeblich von ihrer Wahrnehmung ab. Daher spielt die Wahrnehmungspsychologie im UX Design eine besondere Rolle. Es gibt allgemeingültige Regeln, auf die UX Designer aufbauen können.
1. Miller‘s Gesetz
Eine dieser Regel ist das Millers Gesetz. Sie besagt, dass Menschen ein begrenztes Kurzzeitgedächtnis aufweisen. Sie können sich durchschnittlich 7+- 2 Informationseinheiten merken. Für das Design einer Software ergibt sich die maximale Anzahl von 10 Elementen pro Sichtbereich, z.B. in der Hauptnavigation.
2. Gestaltgesetze
Menschen greifen auf vorhandene Muster zurück, wenn sie Informationen wahrnehmen und verarbeiten. Gestaltgesetze besagen, unter welchen Bedingungen Menschen Informationen miteinander verknüpfen. Zum Beispiel das Gesetz der Nähe: Wenn Elemente nah beieinanderstehen, so werden diese als zusammengehörig wahrgenommen.
Es gibt noch weitere Prinzipien wie die Ähnlichkeit. Wenn Objekte die gleiche Farbe oder Form aufweisen, werden sie mit höherer Wahrscheinlichkeit als eine Einheit interpretiert. Die Gestaltgesetze helfen dabei, Informationen und Zusammenhänge möglichst schnell und einfach zu vermitteln. Dies wirkt sich positiv auf die Nutzererfahrung aus.
UX-Design, das Nutzer glücklich macht
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Dialogprinzipien: Zwei Beispiele
Die Dialogprinzipien sind Richtlinien für die Programmierung einer Software. Das Ziel ist es, die Interaktion zwischen Menschen und Software effizient und benutzerfreundlich zu gestalten. Zwei Dialogprinzipien im Folgenden:
1. Beispiel: Aufgabenangemessenheit
Ist der Aufwand, um mein Ziel zu erreichen, angemessen zum Output? Wie viele Schritte brauche ich? Sind Elemente wie Banner oder Pop-ups platziert, die ich erst wegklicken muss? Ein gängiges Beispiel ist das Kontaktformular. Es empfiehlt sich so wenig Pflichtfelder wie möglich anzugeben. Der Name, die E-Mail-Adresse und ein Textfeld sind ausreichend. Alle weiteren Felder erhöhen den Aufwand und wirken sich negativ auf die Nutzererfahrung aus.
2. Erwartungskonformität:
Ist das System einheitlich? Sind Buttons und Headlines jeweils gleich groß? Stimmt das Design mit gewissen Standards überein? Stell dir beispielsweise vor, du bekommst eine Fehlermeldung mit einer farbigen Box angezeigt. Welche Farbe würdest du erwarten? Mit großer Wahrscheinlichkeit rot. Aus anderen Kontexten verbinden wir die Signalfarbe mit einer Warnung oder einem Fehler. Es macht Sinn, die allgemeingültigen Erwartungen zu erfüllen und das Rad nicht jedes Mal neu zu erfinden.
Die weiteren Dialogprinzipien stellen wir demnächst in einem weiteren Beitrag vor. Abonniere unseren Newsletter, um up to date zu bleiben!
Fazit: UX Design macht User glücklich
- UX Design analysiert und optimiert die Nutzungserfahrung mit einer Anwendung.
- UI Design ist ein wichtiger Bestandteil von UX Design, mit dem Fokus auf Designelemente wie Buttons, Farben etc.
- UX Design bietet zahlreiche Vorteile, darunter eine effizientere Entwicklung und höhere Nutzerzufriedenheit.
- Mit Methoden wie Experten-Evaluationen und Usability Tests lassen sich Erkenntnisse generieren, um das Nutzungserlebnis weiter zu verbessern.
Immer mehr Unternehmen setzen UX Design in der Softwareentwicklung ein. Die Userschaft gewöhnen sich an anwenderfreundliche Software und erhöhen so automatisch ihre Erwartungen.
Um mithalten zu können, sind auch andere Unternehmen gezwungen, sich umzustellen. So wird die Bedeutung voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter steigen!